Grönlandreise im Rahmen des Aasiaat Marathons Ende Juni 2016 - Reisebericht
und Bilder von Jürgen Sinthofen
Als globetrottender Marathonläufer hatte ich mich schon lange auf einen Marathon
in Grönland gefreut. Mein erster Anlauf zu dieser Reise fiel vor zwei Jahren
leider wegen eines Fluglotsenstreiks in Frankreich ins Wasser, da es der
spanische Billigflieger Vueling nicht schaffte, in Barcelona einen zugesicherten
Abflugsslott zu nutzen. Also wollte ich es dieses Jahr besser machen und die
Spanier und Franzosen ausblenden. Mit Lufthansa ging es am 23.6.16 bereits um 6
Uhr früh von München nach Kopenhagen, um dann den Air Greenland Flug um 11 Uhr
nach Kangerlussuaq zu erreichen.
Alles klappte, und in dem Airbus A 330, dem Stolz der Air Greenland, ging es in
viereinhalb Stunden nach Grönland. Der Flug war dank netter Gesprächspartner,
einem Spezialisten für Fischfiletiermaschinen aus Faröer und dem zweiten
internationalen Teilnehmer des
Aasiaat Marathons, ruhig und kurzweilig.
Kangelussuaq, ein ehemaliger amerikanischer Stützpunkt ist der Hauptflughafen
von Grönland und seinen knapp 60.000 Einwohnern. Von hier aus werden die
Fluggäste mit den 35sitzigen Dash-8-Flugzeugen in die verschiedenen Städte
weiter verteilt, da alle Städte Grönlands in Ermangelung eines Straßennetzes nur
mit Flugzeug oder Schiff zu erreichen sind.
Mit einer kleinen Verspätung ging es für uns dann weiter nach
Aasiaat, der
fünftgrößten Stadt Grönlands mit 2.500 Einwohnern, an der Diskobucht nördlich
des Polarkreises gelegen. Der 40minütige Flug verlief reibungslos mit ein paar
Blicken auf das Inlandseis. Auf dem kleinen Flugplatz Aasiaats der parallel zur
Diskobucht aus dem Felsen geschnitten wurde grüßten träge die ersten Eisberge.
Ankunft in Kangerlussuaq
Grönland liegt eigentlich recht zentral
Supermarkt auf Grönländisch
Kangerlussuaq
Ich wurde von meiner Gastfamilie abgeholt, bei der ich die nächsten 2 Tage
wohnte. Deren Haus lag hoch über der Bucht und hatte einen herrlichen Blick auf
das Wasser und die nachgelagerten Inseln. Nuka, der Herr des Hauses meinte, ich
würde direkt vom Wohnzimmer aus Wale sehen können.
Trotzdem fuhren wir mit dem halboffenen Boot der Familie mit einem
100-PS-Außenbordmotor für zweieinhalb Stunden bis zur Davis Strait und um eine
Insel herum, um Wale zu sehen. Nichts, aber dafür steuerten wir einige Eisberge
an, um diese aus der Nähe zu beobachten und die verschiedensten Laute zu hören, die
das Eis verursachte. Beeindruckend, zumal es angefangen hatte etwas zu regnen
und das Eis mit seinen verschiedenen Grautönen besonders interessant wirkte.
Ein Spaziergang durch den Ort zum Hafen war meine erste Begegnung mit Grönland.
Ich war gespannt, Grönland war für mich nach meinen Reisen nach Spitzbergen,
Faröer und Island das Sahnehäubchen als Vorstufe für die noch zu erlaufende
Arktis und Antarktis.
Überall lagen Schlittenhunde angekettet in windgeschützten Matschmulden zwischen
oder auf den glattgeschliffenen Felsen und beobachteten uns mit einem Auge.
Nicht besonders gepflegt und auch der Geruch zwischen nassem Hund, Kot und Fisch
war gewöhnungsbedürftig.
Vor den bunten meist gepflegten Häuschen lag oft allerlei Gerümpel rum, mal alte
Sitzgarnituren, dann Teile von Außenbordmotoren oder Autowracks. Ja, Autos gab
es auch, schließlich hat Aasiaat ein Straßennetz von ca. 20 asphaltierten
Kilometern, d.h. vom Hafen bis zum Flugplatz sind es immerhin knapp 5km. Viele
Grönländer nutzen aber auch die Taxis die allenthalben rumfahren. Auffällig aber
auch, die meisten Autos sind ziemlich alt.
Es gibt zwei Supermärkte und ein paar kleine Geschäfte, ein modernes Postamt und
ein paar alte Häuser. Eigentlich war Aasiaat innerhalb von 3 Stunden plus eine
Stunde für das interessante Heimatmuseum zu entdecken.
Essen wäre in einem der zwei Restaurants sehr teuer gewesen. Die beliebten
besseren Schnellimbisse sahen nicht toll aus und für das, was ich auf den
Tellern der Gäste sah, auch zu teuer. Dänemark halt! Gut, dass ich bei meiner
Gastfamilie mitessen konnte.
Der Marathon am Freitagabend startete um 21 Uhr als Midnight Sun Marathon,
letztes Jahr war es wohl auch nachts sonnig, heuer allerdings hatte es bei ca.
8°C geregnet. Einen Bericht über den Marathon
gibt es hier .
Am Samstag verabschiedete ich mich bereits von meiner Gastfamilie, da, auf
einmal wackelten zwei Buckelwale mit den Schwanzflossen in der Bucht. Noch ein
paar Minuten Whalewatching vom Wohnzimmerfenster aus, dann ging es zum
Flugplatz. Pünktlich ging es wieder mit Air Greenland nach
Ilulissat, dem
Zentrum des internationalen Tourismus an der Westküste.
Aasiaat mit Blick auf die Diskobucht
Die ersten Eisberge aus der Nähe
Überall liegen Schlittenhunde
Im Heimatmuseum
Der Flugplatz von Aasiaat
Die Diskoinsel im Hintergrund
Es geht weiter nach Ilulissat
Als erster in den Flieger, es wurde bei den Inlandsflügen nichts gescannt,
gleich erste Reihe rechts hingesetzt. Gut, dass es bei den Dash-8-Flügen immer
freie Sitzplatzwahl gibt. Blöd aber auch, dass es bei den meisten Plätzen, außer
der ersten und letzten Reihe, bei den Fensterplätzen durch die Triebwerke nur
eine eingeschränkte Sicht gibt.
Glück gehabt, die Sonne schien, es war früher Nachmittag, was aber bei 24h
Helligkeit eigentlich egal ist, und es gab auf dem 20minütigen Flug über die
Diskobucht tolle Eisberge zu bewundern. Diese strahlten hell, das umgebende
Wasser schimmerte in den verschiedensten Blautönen. Herrlich.
Das Highlight war allerdings der Anflug auf Ilulissat, wo wir in ca. 300m Höhe
über das Kangia Eisfeld flogen. Und zwar direkt vor der Kante, wo die Eisberge
aus dem Fjord hinaus in die Diskobucht trieben. Von hier treiben die großen und
kleinen Eisberge vornehmlich nach Süden. Auch der Eisberg, welcher die Titanic
versenkte, soll von hier gekommen sein. Allerdings waren die Eisberge früher
viel mächtiger, da damals die Eisberge erst im Fjord abgebrochen waren und heute
bereits durch den zurückgewichenen Gletscher bereits am Anfang des Fjordes an
der Landkante abbrechen. Der Ilulissat Fjord geht heute ca. 40km ins
Landesinnere und es dauert ca. ein Jahr, bis sich die Eisberge vom Abbruch bis
in die Diskobucht geschoben haben.
Am Flugplatz wurde ich von Morten abgeholt, einem Orientierungsläufer, den ich
über Couchsurfing kennengelernt hatte. Zwei Tage wohnte ich bei dem
Bauingenieur. Ich lernte viel über Grönland, so z. B. dass die Häuser meist
Eigentum der Bewohner sind, aber kein Grönländer Land besitzt – alles Land
gehört dem Staat.
Der erste Eindruck von Ilulissat mit seinen ca. 5.000 Einwohnern war, dass hier
die Menschen nicht mehr wie in Aasiaat grüßten und verschiedene Travelagencies
ihre Dienste anboten – also alles viel touristischer als in Aasiaat. Na ja, mal
sehen.
Am Samstagabend ging ich essen, Morten musste noch arbeiten. Für eine sehr gute
Fischsuppe als Vorspeise und ein Rentiernackensteak, sehr schön angemacht,
bezahlte ich fast 45 Euro! Vorsicht auch, wer in Grönland mit Kreditkarte
bezahlt, muss weitere 6% Kartengebühr bezahlen!
Sonntag war ein regnerischer Tag, aber wir entschlossen uns trotzdem, am Kangia
Eisfjord entlang die verschiedenen, sehr gut markierten Wanderwege abzulaufen.
Eine sehr gute Idee, kaum jemand war im Weltnaturerbe unterwegs und Morten
zeigte mir Reste alter Siedlungen und Steingräber, in denen man durch die losen
Steinbrocken noch die Skelette der Toten sehen konnte. Und es gab natürlich
phantastische Aussichten auf die still daliegenden Eisberge im Kontrast zu den
nassen dunklen Felsen. Zwischen diesen blühten aber eine Vielzahl verschiedener
Blumen, ich war überrascht über die Artenvielfalt.
Eine recht anspruchsvolle Laufrunde über ca. 14km endete an einem der drei
öffentlichen Schlittenhundeplätzen am Rande der Stadt, wo zig Hunde angekettet
den Sommer verbrachten. Dazwischen Holzgestelle, an denen Fisch getrocknet
wurde, mit denen die Hunde auch gefüttert wurden.
Nach einer heißen Dusche, jedes Haus hat seine eigene Ölheizung, bereiteten wir
eine leckere Suppe mit Seehundfleisch zu. Jeder Grönländer darf in der
Jagdsaison gegen Kauf einer billigen Jagdlizenz jagen. Beliebt sind Seehund,
Rentier und Moschusochsen weiter im Süden.
Herrliche Eisberge
Überflug über das Kangia Eisfeld
Ganz unterschiedlich große Eisberge
Ilulissat von oben
Der Hafen
Eisberge im Hintergrund
Vor Ilulissat
Zwei Uhr morgens
Ilulissat Tourist Nature
Die Kirche und das Krankenhaus von Ilulissat
Geländelauf im UNESCO Weltnaturerbe Kangia Eisfjord
Alles Eis
Uralte Gräber
Überall blühte es
Schlittenhunde warten auf die Wintersaison
Bei meinen Marathonreisen lege ich immer darauf Wert, in ein paar Tagen einiges
des jeweils bereisten Landes kennenzulernen – meist mit einem Mietwagen. Da das
aber auf Grönland nicht geht, hatte ich eine Dreitages- Bootstour bei
„Ilulissat Tourist Nature“
gebucht. „Four Destinations“, hörte sich gut an und war mit 720 Euro für
grönländische Verhältnisse auch preiswert. Ich wurde von den Eigentümern des
Veranstalters am Montag morgen abgeholt und zum malerisch gelegen Hafen
gefahren. Mit zwei weiteren Ehepaaren ging es auf ein 15m langes modernes
Motorboot.
Wir fuhren zuerst nach Süden am gesamten Kangia Eisfjord entlang nach
Ilimanaq.
Die Fahrt bei bedecktem Himmel war sehr interessant. Dicht an großen und
kleineren Eisbergen vorbei, Licht- und Schattenspiele, verschiedene Eisfarben,
unheimliche Geräusche sowie viele Seevögel machten mächtig Eindruck auf mich.
Kurz vor Ilimanaq sah der Kapitän dann auch noch einen Buckelwal mit seinem
Jungen und wir drehten in die Richtung ab, um die Tiere noch etwas näher zu
sehen. Wir waren begeistert.
Anlanden an der Holzbrücke, eine Eisenleiter hinauf gekrabbelt, da empfing uns
die Lehrerin des 50 Seelen Dorfes. Wir machten einen Walkabout und lernten, dass
die Kirche jetzt schief steht, da wegen des schwindenden Permafrostes der Boden
absackt. Wohl ein Problem nicht nur in Ilimanaq, das Hostel in Ilulissat hing
auch schon etwas schief.
Nach dem interessanten Rundgang, wo auch auf die Investition in ein paar
Touristenunterkünfte und die Restaurierung der historischen Gebäude durch die
Regierung hingewiesen wurde, waren wir bei der Familie der Lehrerin in deren
Haus zum Mittagessen. Es gab einen kräftigen Moschusochseneintopf. Sehr lecker,
auch der obligatorische Kaffee und Kekse danach. Abschließend bot uns der
Hausherr noch etwas rohen Walspeck an – schmeckte lecker.
Es ging zurück zum Boot, vorbei am einzigen kleinen Laden. Hier gab es sogar
eine größere Obstauswahl als in den größeren Supermärkten Ilulissats. Wieder in
unserem Boot ging es wieder nach Norden, nochmals das Eisfeld, jetzt teilweise
in der Sonne, vorbei an Ilulissat und dann ca. 40km weiter nach Aata.
Aata ist eine verlassende Ortschaft an der nördlichen Ecke des Aata Sund. Hier
hatte Silver, ein seit 40 Jahren in Grönland lebender Sizilianer, dem „Ilulissat
Tourist Nature“ gehört, ein kleines Camp gebaut. Eine grönländische Familie
bewirtschaftet dieses Camp. Fließend warmes Wasser gab es nur bei laufendem
Stromgenerator und Einwurf größerer Münzen.
Die Unterkünfte waren einfach, ein Stockbett pro Raum, ein gemeinsames
Badezimmer für 4 Räume, d.h. für 8 Personen und einen zentralen Aufenthaltsraum
mit Bollerofen. Ich fand es gemütlich. Zur Kantine geht es 100m bergab. Es gab
als Abendessen gegrillten Saibling mit Krabben und Gemüse. Sehr lecker, danach
Crepes und Kaffee.
Nach dem Essen sah ich mich noch etwas um und sprach mit 4 deutschen Paddlern,
welche etwas abseits vom Camp in ihren Zelten lagerten. Sie waren auf dem
Rückweg von einer zweiwöchigen Kajaktour zum Eqi Gletscher.
Vor uns in der Bucht lagen mehrere große Eisberge, hinter uns speiste ein großer
See einen kleinen Fluss, der in die Bucht floss. Umrandet von ca. 600 bzw.
ca.300m hohen Bergen war Aata ein traumhafter Ort. Erstaunlich auf der ganzen
Reise war, dass ich mit Mücken überhaupt kein Problem hatte, fast nichts, aber
mich mögen die Plagegeister sowieso nicht.
Am Dienstag ging es nach einem reichhaltigen Frühstück mit u.a. Lachs und
geräuchertem Heilbutt bei herrlichem Sonnenschein wieder auf das Boot. Es ging
weiter in den Fjord hinein, an dessen Ende zwei Gletscher waren. Durch immer
dichter werdende kleine Eisbrocken schipperte unser Captain uns sicher vor den
bekannten Eqi Gletscher.
Die Sonne schien, herrlich blauer Himmel als Hintergrund. Über zwei Stunden
lagen bzw. kreuzten wir im Boot ca. 800m vor dem Gletscher und beobachteten wie
dieser „kalbte“, d.h. es brachen immer wieder kleinere und größere Eisstücke vom
Gletscher mit entsprechendem Getöse ab.
Etwas später kamen von den beiden anderen Tourenveranstalter aus Ilulissat zwei
Boote an, welche den Eqi Gletscher im Rahmen einer Tagestour besuchten.
Allerdings lagen diese Boote fast doppelt so weit vom Gletscher entfernt als wir
und sie waren auch wesentlich voller. Ich war froh mit unserem Veranstalter.
Schön auch, das wir unterwegs von der Chefin leckeren selbst gebackenen Kuchen
und Kaffee an Bord hatten.
Silver mit seiner Frau von Ilulissat Tourist Nature
Die 3tägige „4 Destinations Tour“ beginnt
Vor dem Eisfeld
Und nochmals
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